Das Corona-Jahr 2020 hat die Presselandschaft vor große Herausforderungen gestellt. Wie hat sich die Romansparte von HarperCollins entwickelt?
Miran Bilic: Im Großen und Ganzen geht es uns gut, sehr gut sogar, obwohl es am Anfang der Pandemie wahnsinnig schwer einzuschätzen war, wohin der Trend geht. Ab April 2020 hat sich aber deutlich gezeigt, dass wir sehr stabile und zum Teil steigende Verkaufszahlen verzeichnen konnten.
Woran lag das?
Dafür gibt es vier Faktoren: Zum einen haben wir ein bisschen davon profitiert, dass Buchhandlungen und andere Geschäfte geschlossen und die Menschen, da sie Zuhause waren, mehr Zeit zum Lesen hatten. Zum anderen haben das richtige Produkt. Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass das Thema Feel-Good-Literatur, das positiven Eskapismus bietet, in Krisenzeiten besonders gut ankommt.
Der dritte Faktor ist, dass unsere Leserinnen uns seit vielen Jahren treu sind und regelmäßig unsere Romane kaufen. Der vierte Faktor sind die Pressehändler und die Presse-Grossisten, die diese Wahnsinnsaufgabe, den reibungslosen Verkauf in der Pandemie organisiert haben. Ihnen gebührt großer Dank und großer Respekt.
Wie haben sich die Umsatzzahlen im Vergleich zu 2019 konkret entwickelt?
Im Vergleich zu den Jahren davor haben wir unser Minus 2020 gegenüber 2019 deutlich verkleinert. Trotz Geschäftsschließungen und Ausfall des Vertriebsweges Bahnhofsbuchhandel sind wir im Printbereich bei einem Minus von zwei bis drei Prozent gegenüber Vorjahr. Eine endgültige Gesamtzahl liegt mir leider noch nicht vor. Ich denke aber, dass wir Print und Digital zusammengenommen deutlich bessere Umsatzzahlen vorweisen können.
Das Glück ist mit den Tüchtigen und das trifft auch auf unser Abo- und Direktgeschäft zu. Wir haben einige gute Aktionen gestartet, die bei den Leserinnen sehr gut angekommen sind. Dazu gehörten zum Beispiel Abonnements mit kürzeren Fristen wie drei oder sechs Monate. Tatsächlich haben wir dadurch die Zahl der Neuabschlüsse im Vergleich zum Vorjahr deutlich steigern können. Insgesamt haben wir über alle Aktionen eine Steigerung der Neuabschlüsse von 20 Prozent verzeichnet. Das entspricht ungefähr 4.000 bis 5.000 Abos was für unser Segment sehr erfreulich ist.
Wie sieht es im Digitalbereich aus?
Wir haben ein stabiles und sehr solides Digitalgeschäft. In 2020 konnten wir, sicherlich auch aufgrund der schnellen Verfügbarkeit in der Pandemie-Krise, im E-Book-Bereich einen deutlichen Zuwachs von 20 Prozent erzielen. Das ist erfreulich.
Welche Verschiebungen in den Vertriebskanälen haben Sie während der Pandemie beobachtet?
Obwohl wir schon immer im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) sehr stark waren, konnten wir unseren Absatz in diesem Kanal noch einmal deutlich steigern. Wie haben vor der Krise einen Anteil von schätzungsweise 60 Prozent gehabt und konnten diesen in Richtung 70 Prozent steigern. Im Discounterbereich sind wir nicht so stark. Durch die Titelbegrenzung kommen wir selten in den Discounter. Wenn es uns gelingt, wie an der Nord- und Ostseeküste zu Sommer-Saisonzeiten, verzeichnen wir sehr gute Absätze.
Welche Gründe gibt es für den hohen Abverkauf im LEH?
Wir wissen aus unterschiedlichen Untersuchungen, dass unsere Leserinnen zwei- bis dreimal pro Woche einkaufen gehen. Auch in den Supermarkt. Das war schon vor der Pandemie so, und wir wissen, dass sie prinzipiell bei jeden Einkauf auch etwas mitnehmen. Unter der Woche mal ein Einzelheft, eine Julia oder Baccara. Zum Wochenende hin auch einen Mehrfachband, weil sie Zeit zum Lesen haben. Sie sind Schnellleser und brauchen weniger als drei Stunden für einen Roman. Dann brauchen sie wieder Nachschub. Laut einer GFK-Studie, die wir in Auftrag gegeben haben, geben unsere Leserinnen für Cora-Romane mit etwa 70 bis 80 Euro doppelt so viel aus, wie der durchschnittliche Bundesbürger für Presseprodukte. Die Romane kosten natürlich auch deutlich mehr als ein durchschnittliches Presseprodukt. Von daher ist das über alle Leserinnen auch ein ganz guter Wert.
Wie viele Reihen erscheinen unter dem Label Cora?
Es erscheinen etwa 1.000 Romane im Jahr. Das sind so ungefähr 400 Erscheinungstermine. Es gibt die Hauptmarken Julia, Baccara, Romana, Bianca, Historical.
Sie versuchen bald auch neue Genres wie Krimis und Arzt-Romane zu implementieren.
Mit Baccara Spezial haben wir im vergangenen Jahr eine neue Reihe für Liebeskrimis etabliert. Die Ausgaben waren sehr unterschiedlich, wir wollten verschiedene Themen ausprobieren und testen was bei den Leserinnen gut ankommt. Nach sieben, acht Ausgaben haben wir jetzt ein ganz gutes Gefühl für das Thema bekommen und werden die Reihe in den nächsten Monaten ein wenig um positionieren. Unsere Arztromane sind im Prinzip auch Liebesromane, die im Arztumfeld spielen. Das sind keine klassischen Arztromane, wie man sie üblicherweise in Deutschland aus den Heftromanen kennt. Inhaltlich geht es immer um das Thema Liebe.
Wann starten Sie die Arztserie?
Am 14. Mai starten wir mit den neuen Reihen Cora Arztroman-Liebe und Cora Arztroman Schicksal. Arztromane sind in Deutschland sehr beliebt und die große Anzahl von Reihen und Serien bestätigt das. Wir haben die Coveroptik frisch und freundlich hell gestaltet und natürlich die Helden der Reihe in den Mittelpunkt gestellt. Das Einzelheft hat einen Umfang von 128 Seiten und kostet €2,50. Beide Ausgaben erscheinen vierwöchentlich. Wir sind sehr gespannt ob es uns gelingt neue Fans für unsere neuen Arztreihen zu gewinnen.
Welche Neuigkeiten gibt es aus dem bestehenden Portfolio?
Wir sind gerade mit dem Relauch der Reihe Bianca Exklusive fertig geworden. Die Reihe bekommt eine neue Coveroptik und ein optimiertes und besser lesbares Schriftbild. Dafür haben wir den Seitenumfang von 384 auf 448 Seiten erhöht. Inhaltlich verabschieden wir uns vom recht starren Gerüst des Themenbandes und lassen inhaltlich mehr Abwechslung und Überraschung im Sammelband zu. Die Reihe bekommt den Claim „Leicht zu lesen“, damit spielen wir natürlich zum einen auf das große Schriftbild an aber auch auf die Leichtigkeit des Genres Liebesroman. Man kann wunderbar einfach in die Geschichte eintauchen und für eine Augenblick dem Alltag entfliehen. Selbst wenn man mal eine längere Lesepause machen muss findet man sehr schnell und einfach wieder in die Geschichte zurück.
Los geht es am 16. Juli 2021 mit der Ausgabe 8/2021 von Bianca Exklusiv. Und wenn das erfolgreich ist, werden wir das auf die anderen Exklusiv-Reihen übertragen, sodass diese Reihen einen eigenständigen Mehrwert bekommen, den die Leserinnen auch als solchen wahrnehmen.
Mit Brigerton von Julia Quinn hat ein Cora-Roman den Sprung in eine Netflix-Serie geschafft. Der Streaming-Dienst hat aufgrund des Erfolgs angekündigt, in diesem Jahr eine weitere Staffel zu drehen. Wie begleiten Sie die Serie?
Wir bringen im April Teil zwei des Bridgerton-Romans in den Handel. Den Start werden wir mit einer breit angelegten Marketing-Kampagne an P.o.S. begleiten. D.h. es wird Zweitplatzierungen geben, Einwegdisplays, P.o.S.-Plakate, Schaufensterdeko und vieles mehr. Wir geben Vollgas, das auch jeder das Buch zur Serie wahrnimmt.
Wann geht das los?
Bevor das Taschenbuch im Herbst/Winter Programm bei HarperCollins erscheint, kommt der Roman unter dem Namen Historical Edition im CORA Verlag auf den Markt. Am 23. April 2021 erscheint Band zwei und im August Band 3. Eine weitere gute Nachricht nicht nur für Fans der Serie, sondern auch für den Handel, wir haben uns auch die Rechte für die fünf Folgebände gesichert.
Julia Quinn ist eine unserer erfolgreichsten Autorinnen, aktuell gibt es bei Historical Gold einen Roman aus der „Bridgerton Welt“. Man kann wunderbar sehen wie sich die VMP Kurve im zweistelligen Prozentbereich nach oben entwickelt.
Wie hoch war der Absatz der Startausgabe von Brigerton-Teil eins parallel zum Film? Hat der Film die Heftverkäufe beflügelt?
Der Start hat sich ein wenig schwierig gestaltet. Laut Netflix sollte die erste Staffel der Serie im Herbst starten. Trotz aller Bemühungen konnten wir keinen konkreten Starttermin in Erfahrung bringen, sodass wir intern entschieden haben, den Roman Anfang November zu launchen.
Netflix hat die Serie am ersten Weihnachtstag gestartet. Da waren wir schon sechs Wochen im Handel. Es war Weihnachten und zweiter Lockdown. Das hat dazu geführt, dass die Verkäufe im Print am Anfang trotz Marketingmaßnahmen etwas schleppend verlaufen sind. Es war allerdings sehr schön zu beobachten wie sich die E-Book-Verkäufe mit dem Start der Serie entwickelt haben. Wir haben weit über 20.000 E-Books verkauft. Erstmals seit wir E-Books anbieten, hat ein E-Book mehr verkauft als das Printexemplar. Dank einer Zweitauslieferung im Januar konnten wir von der Printausgabe insgesamt noch 6.000 Exemplare verkaufen. Bei einem Verkaufspreis von 7 Euro ist das auch ein sehr schönes Ergebnis.
Dieses Beispiel zeigt auf ganz besondere Art wie ein vermeintlich angestaubtes Thema, tatsächlich zeitgemäß ist und uns vielleicht auch langfristig neue Leserinnen für das Genre beschert.
Platzprobleme im Regal stellen Romanverlage vor große Herausforderungen. Wie und mit welchen Mitteln gehen Sie dieses Problem an?
Platzprobleme im Regal werden sich insgesamt und so schnell nicht ändern. RCR ist ein sehr stabiles aber im Gesamtmarkt ein relativ kleines Segment und natürlich müssen wir wie jeder Titel um jeden einzelnen Platz im Regal kämpfen. Für Händler bieten wir kostenlose Displays an, die nicht nur sein Regal entlasten, sondern nachweislich auch den Verkauf der Romane steigern. Seit viele Jahren investieren wir in die Präsentation unserer Titel einen hohen sechsstelligen Betrag. Das ist keine kurzfristige Aktion, sondern ein Prozess und eine Investition in die Zukunft unseres Verlages. Unser Displays dienen aber nicht nur als Verkaufshilfe, sie sind auch ein Möbelstück für das Geschäft und helfen dem Händler auch dabei seinen Verkaufsraum wertiger zu gestalten. Wir möchten unsere Titel im der passenden und bestmöglichen Weise präsentieren und aus diesem Grund bekommt unsere große Drehsäule einen Facelift. Sie bekommt im Sommer eine hochwertige Premiumoptik, die hochwertigen Materialien und die gute Verarbeitungsqualität bleiben unverändert.
Dunkler Mattlack für die Metalteile und eine Holzoptik für die Rückwand und Boden bringen die Romane viel besser zu Geltung. Die Säule wird für Kunden und Händler in der Nutzung komfortabler. Die Abstände der Körbe wurden optimiert, sodass die Titel bequemer reingestellt und rausgenommen werden können. Die Signalfarbe des Crowner hilft der Kundin sich im Geschäft besser zu orientieren und neben dem CORA VERLAG finden sich jetzt auch alle unsere Marken auf dem Crowner wieder.
Welche Zukunftspläne haben Sie außerdem?
Wir denken über Projekte nach, die sich im Zeitschriftenbereich orientieren. Ein Thema, dass uns umtreibt sind Bookazines. Durch die Pandemie sind wir ein wenig ins Stocken geraten, weil sich ein neues Zeitschriftenformat aus dem Homeoffice schwer entwickeln lässt. Wenn wir wieder zurück in den Büros sind, werden wir daran arbeiten und uns die Zeit nehmen, damit es am Ende gut wird. Ob das in diesem Jahr noch etwas wird oder ob wir erst im nächsten Jahr dazu kommen, das müssen wir mal sehen.
Wie könnte das Bookazine inhaltlich aussehen?
Es können Auszüge aus Romanen oder Kurzgeschichten sein. Aber auch ein vollständiger Roman, der drum herum so ergänzt wird, dass er Spaß macht und zum Lesen animiert.